Programmüberblick 2022


Der Animationsfilm „No Dogs or Italians Allowed“ von Alain Ughetto eröffnet DOK Leipzig 2022. Mit dieser fantasievoll als Puppenanimation inszenierten, ein halbes Jahrhundert umspannenden Familienchronik, setzt der Filmemacher seinen Großeltern ein warmherziges Denkmal.
Hunger und Not herrschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts im piemontesischen Bergdorf Ughettera. Die duldsamen Bäuer*innen klagen weder über die schmarotzenden Priester noch über die harte winterliche Saisonarbeit im benachbarten Frankreich – auch nicht, als der italienische Staat sie zu den Waffen ruft, zunächst nach Libyen und wenig später in den Weltkrieg. Erst als die faschistische Bewegung an die Macht kommt, tauscht die Familie Ughetto ihre Heimat gegen neue Entbehrungen und neue Hoffnungen jenseits der Grenze.
Die Festivaleröffnung findet am 17. Oktober um 19:00 im CineStar 8 statt. Parallel zeigen wir den Film in einer öffentlichen Vorführung in der Osthalle im Leipziger Hauptbahnhof. Der Eintritt ist frei, Filmbeginn ist um 20:30 Uhr.
Camera Lucida zeigt sieben außergewöhnliche Werke namhafter Dokumentarfilmer*innen außer Konkurrenz. Heinz Emigholz ist in der Sektion mit gleich zwei essayistischen Arbeiten über Architektur in Südamerika vertreten. Hinzu kommen unter anderem eine filmische Collage über Musik vom französischen Regisseur Éric Baudelaire, Jumana Mannas semi-dokumentarischer Beitrag zum Politikum des Kräutersammelns in der Westbank sowie ein Video-Briefwechsel als Hommage an Avantgarde-Regisseurinnen.
Die Dokumentaristinnen der DDR
Nur wenige Regisseurinnen aus der ehemaligen DDR haben den Sprung ins Dokumentarfilmgedächtnis geschafft. Woran liegt das? Was für Filme sind in vierzig Jahren DDR entstanden? Und was hieß es, Dokumentarfilmregisseurin im Osten zu sein? Die sechs Programme dieser Retrospektive tragen zusammen und machen sichtbar, was allzu lange im Verborgenen lag.
Mehr über die Entstehung der diesjährigen Retrospektive lesen Sie hier im Gespräch der beiden Kurator*innen Carolin Weidner und Felix Mende.
Angelika Andrees – Der einfühlsame Blick
Angelika Andrees’ allzu sehr in Vergessenheit geratenes DDR-Œuvre ist quantitativ schmal, inhaltlich aber umso reichhaltiger: Ihre Filme verbindet ein empathischer, aufrichtiger Zugang zu Außenseitern und Schattengestalten, ein sinnliches Gespür für Orte und ihre Stimmungen und wie sie sich auf die Menschen auswirken.

Sozialistische Frauenbilder – Die weibliche DDR
Die DDR-Frauenpolitik betrachtete die „Frauenfrage“ mit der Überwindung der Klassengesellschaft als gelöst. Im DDR-Alltag blieben jedoch zahlreiche Themenfelder offen: die gerechte Aufteilung von Haushalts- und Familienar- beit, die berufliche Förderung und ökonomische Unabhängigkeit. Amateur- und Auftragsfilme von und über Frauen zeigen Facetten gesellschaftlicher und künstlerischer Rollenfindungen.

Um die Klimakrise verständlich zu machen, braucht es Dokumentarfilme, die nicht nur Fakten, sondern auch persönliche Erfahrungen transportieren. Erst recht, weil diese Krise bisher hauptsächlich jene trifft, die sie am wenigsten verursacht haben. Die Filme zeigen die Dramatik der Lage, aber vor allem, wie Menschen aktiv für ein anderes Handeln eintreten.
Wer Wind sät, wird Sturm ernten
Der Rückblick in unsere Festivalgeschichte ist in diesem Jahr ganz den dokumentarischen Betrachtungen zweier Umweltkatastrophen gewidmet und schaut – wie auch das Programm „Zeit zu handeln!“ – darauf, was getan werden kann: In Rumänien formiert sich Aktivismus gegen eine geplante Goldmine, in Bangladesch wird nach einem Zyklon ein Dorf wieder aufgebaut.
Durch die Höllen der Animation
2021 wurde das Kinopublikum von einem anhänglichen, spitzzahnigen Wesen überrascht, das den eigenen Ängsten lebendige Gestalt verlieh. Malte Steins „Ding“ ist Anlass, Ausgangs- und Bezugspunkt für diesen Trip durch Animiertes und Experimentelles: Filme, die vom Inneren, vom Verdrängten und an uns Nagenden umgetrieben sind und der Seelenbewegung Form geben.
Die Eroberung des poetischen Raums
Seit der Jahrtausendwende erlebt die slowenische Animationsfilmkunst einen enormen Aufschwung. Förderprogramme befähigen und ermutigen eine neue Generation von Animationsfilmschaffenden, ihre poetischen, originellen Visionen in die Tat umzusetzen – und in der Filmwelt markante Spuren zu hinterlassen. Ihnen folgen wir, animiert und inspiriert.
Mit Unterstützung des Slowenischen Kulturinformationszentrum in Berlin und dem Slovenian Film Centre


Hysteresis & Kompanie
Ausgangs- und Mittelpunkt der Filmreihe „Tanz in der Dunkelheit. Hysteresis & Kompanie“ bildet die neueste Arbeit des renommierten Animationskünstlers Robert Seidel, die am 21. Oktober in der Leipziger Schaubühne Lindenfels präsentiert wird. Im Vorfeld ist ein von André Eckardt und Robert Seidel kuratiertes Programm mit Arbeiten anderer Künstler*innen zum Verhältnis von Körper, Bewegung und Animation zu sehen.
Die Filme von Mila Turajlić arbeiten am kollektiven Gedächtnis. Ob sie Material aus Archiven vom Werden des kommunistischen Jugoslawien berichten lässt oder über die eigene Familiengeschichte das Auseinanderbrechen des Vielvölkerstaates analysiert – stets konfrontiert sie das Private mit dem Politischen. Was sie als Künstlerin und Denkerin bewegt, zeigt auch die Carte blanche, die DOK Leipzig ihr ausstellt: Turajlić nutzt sie, um den Film eines bedeutenden Geistesverwandten vorzustellen.
Veneta Androva_Tang Han
Auftritt zweier Wahlberlinerinnen: Veneta Androva, kunsttheoretisch versierte Animationsfilmerin aus Sofia. Tang Han, intermediäre Analystin chinesisch-westlicher Kulturkollisionen.
Wie und wo entstehen Veneta Androvas Weltsimulationen? Was pinnt sich Tang Han ans Memory Board?
Docudays UA, das Internationale Dokumentarfilmfestival der Menschenrechte, konnte im März dieses Jahres aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht in Kyjiw stattfinden. Im solidarischen Austausch mit dem Team von Docudays UA bietet DOK Leipzig deshalb der 19. Edition des Festivals eine Bühne. Das Programm präsentiert die vier für den nationalen Wettbewerb DOCU/UKRAINE ausgewählten Filme sowie den Eröffnungsfilm und zeichnen ein differenziertes Bild des Landes.
Mit dieser neuen Sektion öffnet DOK Leipzig künftig ein Fenster zur Welt des mittel- und osteuropäischen Films, der eng mit der Festivalgeschichte verbunden ist. Die hier gezeigten kurzen und langen Arbeiten spannen den Bogen von der sozialistischen Vergangenheit über die Umbruchszeiten bis zur Gegenwart. Der erste Panorama-Jahrgang versammelt Filme aus Lettland, Moldau, Kroatien, Serbien, Polen, Bulgarien, der Slowakei und der Ukraine.
Das neue Kurzfilm-Event: 25 dokumentarische und animierte Filme werden am 22. Oktober kostenfrei im Polnischen Institut vorgeführt und können nach dem Prinzip „hop on, hop off“ besucht werden. Fünf Filminstitutionen aus Mittel- und Osteuropa haben jeweils fünf herausragende Werke aus ihrem Fundus zu einer bunten Schau der Kurzfilmgattung beigesteuert.




Filme für Junge – Filme für Alle
Kids DOK versammelt Filme für alle, die Lust auf witzige und nachdenk- liche Seh-Erlebnisse haben. Für die Jüngsten zeigen wir animierte Filme über Tiere, Außerirdische und andere Fantasiegestalten. Für Ältere bieten wir Trick- und aktuelle Dokumentarfilme über Alltägliches und Besonderes, die die Welt von Kindern und Jugendlichen erfahrbar machen.
Kita- und Hortgruppen können sich bereits jetzt für die Vorführungen anmelden.
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